Endlich haben wir wieder freies Wasser unterm Kiel und ein schwankendes Deck unter den Füßen. Häfen sind schön, besonders, wenn man wie Duluth einiges unternehmen kann. Aber der wesentliche Unterschied zwischen Seemann und Landratte ist nunmal der, dass der Seemann lieber auf dem Wasser ist und dabei von zu Hause träumt und die Landratte von Schiffen träumt, sich diese aber grundsätzlich lieber von Land aus anschaut.
Wir sind heute mit 29 Personen an Bord ausgelaufen. Dabei ist wieder ein Lotse, weil hier vorgeschrieben, dann haben wir acht Trainees, die teilweise 'last minute' gebucht haben. Ein bunt zusammen gewürfelte Truppe. Aber wir werden daraus schon ein segeltaugliches Team formen. Die ersten Eindrücke sind sehr positiv. Es wird gut gearbeitet an Deck und im Rigg und, fast wichtiger, reichlich gelacht. Ich schätze, alle fühlen sich wohl an Bord.
Und hier nun die versprochenen Fotos, wie üblich angetextet und erläutert.
Bild 1: Beautiful Katha aus Berlin. Katha ist für den Proviant verantwortlich, d.h. sie stellt riesige Einkaufslisten zusammen und sucht im Hafen Groß- und Supermärkte auf, um uns abwechslungsreiche und gute Kost zu kaufen. So ein Einkauf dauert leicht einen ganzen Tag und ist mega anstrengend. Es handelt sich um eine sogenannte 'Nebenaufgabe', die jemand machen muss, auch wenn der- oder diejenige keinerlei Erfahrung mit dem Thema hat. Und da wir keinen Koch, also keinen Smut an Bord haben, wiegt die Verantwortung doppelt schwer, denn Katha grübelt nicht nur über der Proviantliste sondern auch über dem Speiseplan für die nächsten 10 Tage. Wenn alles klappt, wird das als selbstverständlich ohne Worte hingenommen. Wenn etwas schief, kommen die Kritiker sofort aus den Löchern. So Leute, die gern eine Menge besser wissen, aber ungern besser vor- bzw. selbstmachen. Katha ist Musiklehrerin und spielt Geige. Immer wieder gern gehört an Oberdeck ist die Titelmelodie von "Pirates if the Caribian".
Bild 2: Die ROALD AMUNDSEN legt in Duluth ab und dreht im Hafenbecken auf den Auslaufkurs unter der 'Aerial Lift Bridge' durch. Noch liegen die Festmacherleinen unverstaut an Obderdeck herum.
Bild 3: Ardrey staut die schweren Festmacherleinen. Ardrey ist Amerikanerin und fährt seit mehr als 10 Jahren auf Traditionsseglern. Sie ist eine echte Verstärkung für unser Team.
Bild 4: Paul aus der Schweiz schaut am Ruder noch etwas skeptisch, was da auf ihn zukommt. Beim manövrieren hat der Rudergänger einen anstrengenden Job, denn das Steuerrad der Roald verlangt nach einer starken Hand und es gehört viel Kraft und Ausdauer dazu, Ruder von hart backbord nach hart steuerbord zu legen.
Bild 5: Die 'Aerial Lift Bridge' gibt die Durchfahrt vom 'Port of Duluth' auf den Lake Superior frei. Da wir rein gepaßt haben, sollte es mit unserer Masthöhe auch in die andere Richtung klappen. Seefahrt ohne Ebbe und Flut und ohne hin und her schwappende Ostsee hat angenehme Vorteile.
Bild 6: Kurz vor der Brücke hat man mir das Ruder übertragen. Colin, unser 19 Jahre alter dritter Steuermann, nutzt die Gelegenheit, ein Foto vom zweiten Steuermann zu machen. Ein klassisches 'Politikerfoto', welches signalisiert, dass der Typ auf dem Bild alles im Griff hat und den richtigen Kurs steuert. Ob das Schiff gerade auf einer Sandbank aufsitzt und fest vertäut an der Pier liegt, teilt uns das Foto nicht mit. Nächstes Mal winke ich 'amerikanisch' in die Kamera.
Bild 7: Schaulustige (im positiven Sinne) wünschen uns mit ihrem Applaus eine gute Weiterfahrt. Es muss ein tolles Bild von Land her sein, wenn ein knappes Dutzend Traditionssegler mit gesetzten Segel so nah vorbei fahren.
Bild 8: Kapitän Klaus steht auf dem Decks und schaut auf die Zuschauer. Klaus ist unser 'Obernautiker'. Er steuert und koordiniert die Ausbildung sowie den Einsatz der Steuerleute und Kapitäne. Ich fahre sehr gern mit Klaus, denn er ist ein Garant für gute Stimmung, heitere Gelassenheit und erfahrene Ruhe.
Bild 9: Auf dem einen Molenkopf steht ein Leuchtturm ...
Bild 10: ... und auf dem anderen ein Leuchtturm mit großem Haus.
Bild 11: Kaum an Bord und schon geht die Arbeit los. Diese fröhlichen Menschen sind klar zum Brassen des Vortopps. Vorn vorn: Neil (ehemaliger Lakes-Schiffer als Maschinist), Ryan (wurde, glaube ich, von einem Indianer mit Trommel mittels Segelboot an Bord gebracht), Libby (ist schon seit Bay City bei uns; 19-jährige Kanadierin mit tall-ships-experience), Ardrey (siehe oben), Greg (von mir angeworbener Trainee aus Kanada der als erstes gelernt hat, dass man in Deutschland Prost sagt), Ralph (Urgestein der Stammcrew und seit Wochen an Bord; er führt unseren Kiosk und sorgt damit für Getränke, auch Bier, Sweets und andere Knabbereien) und Toppsi Andreas (über den ich hier schon reichlich berichtet habe).
Bild 12: Klaus und Colin beugen sich über die Regatta-Regeln für das vor uns liegende Race nach Soo (Sault Ste Marie). 308 Seemeilen gnadenlose Verfolgungsjagd über den Lake Superior. Beim letzten Rennen haben wir einen sehr guten zweiten Platz belegt - von zwei Schiffen.
Bild 13: Wir und andere warten auf den Startschnuss. Bis dahin wird auf der Brücke heftig diskutiert, ob um 12:00 Uhr zu passierend Startlinie vom Startschiff nach Osten oder Süden geht. Eigentlich nach Süden ... aber nut eigentlich.
Bild 14: Vor uns segelt die niederländische EUROPA mit ausgebrachten Leesegeln. So ist das Schiff eine imposante Erscheinung. Wir fallen etwas zurück, denn wir haben weniger Segelfläche.
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